Archiv der Kategorie: Musik

„It must swing“ – eine Reise zu den großen Meistern des Jazz-Saxophons

IMG_8723_S Die Mauritius-Mediathek in Wiesbaden. Eigentlich beherbergt sie die neue Stadtbibliothek der hessischen Landeshauptstadt. Am Abend des 24. Oktober ist sie jedoch Schauplatz für ein gelungenes Jazzkonzert, organisiert von Vollblutjazzer Andreas Hertel am Flügel und Saxophonist Thomas Bachmann am Saxophon. Mit dabei: Rudolf Stenzinger am Kontrabass und Jens Biehl am Schlagzeug. Das Motto: „Meilensteine des Jazz-Saxophons“. Und das war nicht zuviel versprochen! Denn vom ersten Song an, dem swingenden Jazz-Standard „Sweet Georgia Brown“, geht es auf der Bühne voll zur Sache. Bachmann wechselt sich von Sopran- zu Tenor- zu Altsaxophon, überzeugt mit messerscharfen Melodien genauso wie mit nur leicht angedeuteten Subtones.

Zwischen den Songs ist Zeit für eine kurze Plauderei zwischen Hertel und Bachmann, die über Stilrichtungen, Improvisationstechniken und Spielweisen des Jazz-Saxophons philosophieren – und ganz nebenbei noch all die Musik-Genies abhandeln, die den goldenen Blechbläsern zu einer festen Größe des Jazz gemacht haben.

IMG_8734_SVon Coleman Hawkins geht die kurzweilige Reise zu Wayne Shorter, von Cannonball Adderley zu Dexter Gordon. Es gibt kaum einen der Alten Meister, denen die vier Musiker auf der Bühne an diesem Abend nicht mit einem seiner großen Hits huldigen. Zu Songs wie „Body And Soul“ oder „Sack O‘ Woe“ gesellen sich neben zahlreichen Bebop-Songs auch Meilensteine wie „Take Five“, das nicht – wie viele denken – von Pianist Dave Brubeck, sondern von seinem Saxophonisten Paul Desmond komponiert wurde. Mit großer Spielfreude, reichlich Raum für Improvisationen aller Beteiligten und einem guten Händchen für die Auswahl der Songs reißen die Musiker die gut 150 Zuhörer schnell in ihren Bann. Den Abschluss bilden der Bossa Nova „Recordame“ aus der Feder von Joe Henderson und das legendär-swingende „St. Thomas“ von Sonny Rollins, einer der wenigen genreprägenden Jazzsaxophonisten, die noch leben.

IMG_8705_SFazit: Ein mehr als gelungener Abend, wie er in der hessischen Landeshauptstadt viel zu selten ist. Noch. Denn Andreas Hertel hat große Ambitionen, die Reihe fortzuführen: „Ich habe schon heute Ideen für mindestens zwei Jahre volles Programm im Kopf“, sagt der sympathische Wiesbadener am Rande der Veranstaltung. Man kann es ihm und seinen talentierten Mitstreitern nur wünschen. Das Publikum des Abends hat er definitiv auf seiner Seite!

Sonne im Herzen: Cafè Solaire 22 bringt den Sommer zurück

Cafe_Solaire_22_Cover_1500x1500Lange Nächte. Heiße Tage. Sonne satt. Abhängen am Strand, abtanzen im Club. Gute Laune, gute Musik. Das sind so ungefähr die Gedanken, die mir in den Kopf kommen, wenn die Musik von „Cafè Solaire“ im Player läuft. Eine Compilation, die schon seit Anfang der 1990er Jahr für Jahr Fans elektronischer Musik zu begeistern weiß – und am 17. Oktober in ihrer 22. Auflage käuflich zu erwerben ist. Zwei CDs befinden sich im analogen oder digitalen CD-Case. Die erste für entspannten Stunden, die zweite extrem tanzbar. Dabei zeichnet das DJ-Duo Harley & Muscle für die musikalische Zusammenstellung der ersten CD mit dem Titel „Soul Emotions“ verantwortlich. Hierauf finden sich eine Auswahl schöner Chillout- und Ambient-Sounds von Künstlern wie Clelia Felix, Sambox oder Sannan. Dahingegen zeichnet sich CD zwei – die unter dem Namen „Funky People“ firmiert – und von Stefano Proietti gemixt wurde, eher durch geradlining-soulige und eingängige Housetracks aus. Mit dabei sind James Dexter, Demarkus Lewis oder Soulprovider & Rooted Soul.

Fazit: Die „Cafè Solaire“ Reihe weiß auch in der 22. Auflage zu überzeugen. Unkompliziert, unprätentiös, kurzweilig. Für alle, die sich den Sommer zurückholen wollen genau das Richtige. Die Songs bringen nicht nur Erinnerungen an die bereits erwähnten balearischen Beachclubs zurück, sondern machen auch wieder Vorfreude auf den nächsten Urlaub. Let’s groove!

„Cafè Solaire 22“ erscheint am 17. Oktober bei Soulstar Records

Coole Cover, clever compiled.

Cover_300dpi„Cover“. Allein schon das Wort hat irgendwie einen negativen Beigeschmack: Kopiert. Abgekupfert. Verpfuscht… Vielen Coversongs haftet ein wenig schmeichelhaften Image an. Damit wollte sich die umtriebige Radio-journalistin und DJane Gülbahar Kültür wohl nicht abfinden – und hat sich auf die Suche nach besonderen, speziellen – nach hörenswerten Coverversionen, gemacht.

Das Ergebnis: „Beautiful Cover Versions Vol. I“, eine Compilation, die es auf zwei CDs bzw. mit 29 Songs in sich hat. Geordnet nach „Past Times“ auf CD 1 und „Good Times“ auf CD 2. Viele der Tracks sind absolut hörenswert. Dabei streckt sich die musikalische Bandbreite ziemlich weit – vom jiddischen Song „Bei Mir Bist Du Schoen“, hier in einer Version von Ella Fitzgerald mit druckvoller Jazz-Combo Begleitung bis hin zu „Bye Bye Love“, im Original von den Everly Brothers, im entspannten Singer-Songwriter-Style von Madeleine Peyroux. Zwar gibt es auch ein paar Tanzflächen-kompatible Produktionen zu entdecken, aber mich überzeugen eher die leisen Töne. Zum Beispiel der zur wunderschönen Jazz-Ballade umgeschriebene Tina Turner Hit „We Don’t Need Another Hero“ von Mr. Redhorn, Nils Landgren, persönlich. Inklusive Posaunensolo, versteht sich. „Rausschmeißer“ zum Schluss ist – natürlich im positivst-möglichen Sinne – die alte Stevie Wonder Nummer „Part Time Lover“, die auch als gitarrenschwangerer Gipsy-Kracher eine gute Figur macht. Ebenfalls mit dabei sind bekannte Namen wie Ex-Spice Girl Melanie C oder Dance-Sängerin Sophie Ellis-Bextor.

Manche Songs erkennt man vom ersten Ton an, andere Künstler gönnen sich mehr Freiraum bei ihrer Interpretation, so dass auch eingefleischte Musikliebhaber ein wenig rätseln müssen. Mich hat vor allem die Zusammenstellung der Songs überzeugt, tut sich für den geneigten Hörer doch eine neue, bunte Cover Welt auf, die den meisten von uns bisher verschlossen geblieben sein dürfte. Vielleicht stehen genau dafür auch die vielen bunten Schmetterlinge auf dem Cover…

Ich bleibe dabei: Musik hilft gegen alles. Auch gegen den bevorstehenden Herbst-Blues. Und „Beautiful Cover Versions Vol. 1“ ein besonders wirksames Gute-Laune-Mittel.

„Beautiful Covers Vol. 1“ ist am 10. Oktober 2014 bei Lola’s World Records erschienen. Mehr Infos auf der Facebook Seite des Labels https://www.facebook.com/lolasworldrecords

Back to the roots – Jamie Cullum begeistert mit fantastischem Jazz-Album „Interlude“

– with English summary –
Concert picture taken at Jahrhunderthalle Frankfurt 2010, Germany  

jamiecullum_rustySpulen wir ein paar Jahre zurück. Zwölf, um genau zu sein. Denn 2002 ist das Jahr in dem Jamie Cullums letztes reines Jazz-Album „Pointless Nostalgic“ auf den Markt kam. Bis jetzt. Denn auch wenn ich an seinen Nachfolgern „Twentysomething“, „Catching Tales“, „The Pursuit“ und zuletzt „Momentum“ viel Freude hatte – meine große Leidenschaft gilt dem Jamie von damals, dem jungen, unverschämt talentierten Briten am Jazz-Piano.

Was soll ich sagen? Ich konnte es kaum erwarten, „Interlude“, Jamies neues Jazz-Album endlich in Händen zu halten und zu hören… Also: Play-Knopf drücken. Zurücklehnen. Und los geht’s.

Schon der Titeltrack „Interlude“ versprüht den Charme vergangener Tage. Von verqualmten Jazzkneipen irgendwo in New York. Swingend. Mit pointierten Bläserakzenten und mit großartigen Soli gespickt startet Jamie in den neuen Longplayer. Track zwei „Don’t You Know“ gibt sich als reinrassiger Boogie-Woogie voller Improvisationen – die Spielfreude der Musiker scheint greifbar. Und man spürt förmlich, wie viel Spaß es Jamie und seinen Mitstreitern machen muss, dieses Album eingespielt zu haben. Doch es geht weiter – denn der Jazz hat viele Dialekte – und Jamie spricht, pardon: spielt sie alle. Während „Good Morning Heartache“ zusammen mit Lara Mvula ein wenig an die großen Bigband-Duette à la Ella Fitzgerald oder Satchmo erinnert, klingt die Cover-Version des Blues-Standards „Don’t Let Me Be Misunderstood“ – im Original aus den frühen 1960ern – dank Gregory Porters samtweichem Bariton angenehm nach 2014. Dagegen mutet der „Lovesick Blues“ schon fast wieder anachronistisch an. Die Blechbläser scheppern, der Sound klingt wie aus Opas Grammophon und Jamies Stimme klingt eher nach der goldenen Swing-Ära irgendwann in den 1920er Jahren. Kein Wunder: Alle Songs wurden auf einem analogen (!) Medium aufgenommen.

Fazit: Jamie Cullum kehrt mit „Interlude“ zurück zu seinen Wurzeln. Und: Er kann es noch. Dabei geht er so fulminant, so authentisch und so motiviert zu Werke, wie ich es mir nicht hätte träumen lassen. Fans der ersten Stunde werden Freudentränen in den Augen stehen. Alle, die eher den Jamie von „Momentum“ oder „The Pursuit“ mögen, werden sich mit dem neuen, alten Sound erst anfreunden müssen. Für mich ist „Interlude“ definitiv ein heißer Kandidat für mein persönliches Album des Jahres 2014!

jc_rustyEnglish Summary: Let’s go back in time… Back to 2002, when Jamie’s last true jazz album „Pointless Nostalgic“ hit the shelves. Pure trio jazz, just piano, drums and double bass – simply great. Since then, Jamie has further elaborated and developed his skills, but sametime making his way more and more into pop-music. As a fan from the very first days of Jamies career, I kept wondering if Jamie would ever turn back to jazz music again. „Interlude“ is definitely a trip back to the roots – and a timeless compilation of beautiful cover songs as well as own compositions. Jamie, a great band and some gorgeous features from Gregory Porter or Lara Mvula make this album a very special one. Go get it. Now!

Spielfreude, neu erfunden: Marcin Wasilewski Trio überzeugt mit „Spark Of Life“

– with English summary –
concert pictures taken at Neuwied Jazz Fest 2011, Germany 

Spark-Of-LifeSehnlichst habe ich das neue Album von Marcin Wasilewski und seinen beiden Bandkollegen erwartet. Besonders gespannt war ich, ob die drei Polen, die den „Polski Jazz“ in den vergangenen Jahren entscheidend prägen konnten, an das musikalische Niveau ihres Albums „Faithful“ aus dem Jahre 2011 anknüpfen können. Vor allem, da alle drei in der Zwischenzeit nicht nur viel unterwegs waren, sondern auch an an weiteren musikalischen Projekten mitgewirkt haben. Zuletzt beim Album „Forever Young“ des Gitarristen Jacob Young.

NRJAZZ2011_006Doch nun zu „Spark Of Life“. Für den vierten ECM-Longplayer des Trios konnten Wasilewski & Co den schwedischen Saxophonisten Joakim Milder für eine Zusammenarbeit gewinnen – man kannte sich von gemeinsamen Auftritten im Rahmen des „Titania“-Projekts ihres Landsmanns Tomasz Stánko. Gemeinsamer Nenner war die Vorliebe für Kompositionen von Krzysztof Komeda, dessen „Sleep Safe And Warm“ dann auch Eingang in das aktuelle Album gefunden hat. Vier Songs stammen aus der Feder von Marcin Wasilewski selbst, darunter der Titeltrack sowie das gefühlvolle „Austin“, das den Einstieg in die 74 Minuten Jazzgenuss markiert. Treu geblieben ist sich das Trio in der Abwechslung: So findet der zur Ballade mutierte Song „Do Rycerzy, do Szlachty, do Mieszczan“ der polnischen Grunge-Rocker Hey genauso seinen Platz auf dem Album wie eine fulminante, ja fast schon rastlose Version des The Police Hits „Message In A Bottle“ mit einem großartigen Solo von Slawomir Kurkiewicz am Kontrabass, getrieben von Michal Miskiewicz am Schlagzeug. Ausgefeilte Arrangements wie diese entstehen nur, wenn Musiker lange zusammenarbeiten. Und das Marcin Wasilewski Trio besteht schon seit den frühen 1990ern in der aktuellen Konstellation. Tenor-Saxophonist Milder ist mit seiner Komposition „Still“ vertreten. Er gefällt bei diesem und den anderen Arrangements des Albums durch ein formidables Gefühl für sich und sein Instrument, zeichnet gekonnt Melodien auf den Klangteppich der drei Polen und lässt sich von ihrer Spielfreude förmlich mitreißen, ohne sich dabei aber dominieren zu lassen oder selbst zu dominieren. Bestes Beispiel: „Sudovian Dance“, bei dem Piano und Saxophon für die Melodie über weite Strecken eine Symbiose eingehen, jedoch auch viel Raum für eigenständige Interpretationen beider Instrumente bleibt.

Besonders gefällt aber die musikalische Entwicklung des Bandleaders Marcin Wasilewski selbst. Zwischen „Faithful“ und „Spark Of Life“ liegt erkennbar eine Steigerung des schon 2011 sehr hohen Niveaus. Der Pianist versteht es meisterlich, Kompositionen zu dekonstruieren, sie zu analysieren und neu, anders – ja vielleicht sogar ein bisschen besser – wieder zusammenzufügen. Und auch bei den eigenen Kompositionen ist er ständig auf der Suche nach innovativen Ansätzen. Genau das unterscheidet ihn letztlich von vielen Musikern, die sich ausschließlich damit zufrieden geben, das Althergebrachte zu zitieren.

Fazit: Der Stern des „Polski Jazz“ funkelt durch „Spark Of Life“ heller und strahlender denn je. Unglaubliche Spielfreude, eine hör- und fühlbare Gruppendynamik von vier talentierten Musikern sowie eine tolle Auswahl an Songs macht das Album zu einem absoluten Hochgenuss. „Spark Of Life“ erscheint am 10. Oktober bei ECM Records.

NRJAZZ2011_004English Summary: With „Spark Of Life“, the star of „Polski Jazz“ sparkles  brighter and more radiant than ever before. Polish pianist Marcin Wasilewski as well as his two band members Slawomir Kurkiewicz on double bass and Michal Miskiewicz on drums do a brilliant job on their new album. Swedish saxophone player Joakim Milder plays his instrument both emotionally and with necessary prudence.

My conclusion: Four extremely talented musicians as well as a great selection of songs make the album an absolute delight for the dedicated listener. „Spark Of Life“ will be released on October 10, 2014 on ECM Records.

Neu und frisch: Jazz aus Deutschland im Jahr 2014

lowsky_rustyIch gebe zu, das Album von Pit Baumgartner und Joo Kraus liegt schon ein paar Tage auf meinem digitalen Schreibtisch. Jetzt also endlich der Bericht zu „Low Sky Sketches“. Beide Künstler sind lange genug im Geschäft, als dass sie hier einer ausführlichen Vorstellung bedürften. Baumgartner hat als Produzent und Triebfeder von De-Phazz oft genug bewiesen, wie vielseitig der musikalische Raum zwischen Pop und Jazz sein kann, Kraus ist seit Mitte der 1980er musikalisch unterwegs und zeichnet seit seinem Erstlingswerk „Public Jazz Lounge“ im Jahr 2003 für einige viel beachtete Jazz-Alben verantwortlich. Was kommt also dabei heraus, wenn sich zwei Musiker von diesem Schlage zusammentun?

Meine Erwartungen waren hoch. Und wurden – soviel schon vorneweg – nicht enttäuscht. Klar: Wer feinsinnigen akustischen Jazz der alten Schule erwartet, sollte den Kauf von „Low Sky Sketches“ vielleicht überdenken. Allen, die wie ich daran glauben, dass sich Musik weiterentwickeln darf, soll und muss, die sich freuen, wenn neue Nuancen das Klangbild bereichern, denen sei hier schon eine klare Kaufempfehlung ausgesprochen. Doch zurück zur eingangs gestellten Frage: „It could be a slow song, it could be Jazz […] just let me do it right this time.“ bei „Right This Time“ ist fast schon sinnbildlich für den 17 Tracks umfassenden Longplayer. Denn „Low Sky Sketches“ ist ein Genregrenzen-überwindendes Potpourri erster Güte. Mal serviert das Duo entspannte, mal bluesige, mal eher nach Chillout, mal eher nach Funk klingende Songs. Dazu omnipräsent aber nie nur vordergründig: Die Trompete von Joo Kraus. Wer den direkten Kontrast hören mag, sollte sich mal ein Till Brönner-Album zum Vergleich anhören. Sparsam instrumentierte Jazz-Balladen wie „Nightcreeper“ oder „Liaison In Jazz“ mit einem schönen Frage-Antwort-Spiel von Piano und Blechbläser gesellen sich zu schnelleren Songs wie „Breathe Beside Me“, dass zwar sicher auch seinen Weg auf eine der zahlreichen Chillout-Compilations finden wird. Die Qualität der Produktion geht aber weit über die 4-Takt-Loops mit Synthie-Geschwurbel und Gitarrensounds aus dem Sampler hinaus. Besonders auffällig sind die vielen kleinen Details, die über das ganze Album verstreut sind: Rauschen, Stimmen, Hintergrundgeräusche. Damit haben andere Künstler schon viel kaputt gemacht, auf „Low Sky Sketches“ sorgt es vor allem für eines: Atmosphäre. Einziger Ausreißer aus dem eher jazzigen Duktus ist „I Sing“ mit freakigen Chorgesängen und einem Reggae-Beat, den es für mich jetzt nicht gebraucht hätte. Doch die übrigen Songs wissen absolut zu überzeugen!

Immer wieder Sonntags…

sundayinbed7_rustyFreunde, es wird Herbst. Goldener Oktober, Kastaniensammeln, Drachen steigen lassen – alles geschenkt. Denn sind wir mal ehrlich: Meist ist der Herbst vor allem das hier: Grau. Neblig. Regnerisch. Und kalt. Vor allem kalt. Und was macht man, wenn es so ungemütlich ist? Richtig. Man bleibt im Bett. Genau das haben sich wohl auch die Macher der Compilation „Sunday In Bed“ gedacht. Schon in der siebten Edition fliegen die 30 Songs nun in die Online-Shops und CD-Abteilungen der Republik. Zeit, sich die Zusammenstellung einmal genauer anzuhören. Ganz am Anfang steht die Frage: Was für Musik braucht es eigentlich, um es sich im Bett gemütlich zu machen? Gut. Das ist natürlich eine reichlich subjektive Fragestellung. Nichtsdestotrotz würde ich mal die These aufstellen, dass es ruhig etwas abwechslungsreicher sein darf. Und genau das ist das Schöne an „Sunday In Bed Vol. 7“: Kein reines Chillout-Geschwurbel (bei dem man am Ende gleich wieder einschläft und den Rest der CD verpasst) sondern viele unterschiedliche Stilrichtungen, die für Abwechslung sorgen. Und – das ist die Kunst – dem Zuhörer nicht zu viel Konzentration und Transfervermögen abverlangen. So bieten die zwei CDs lupenreinem Jazz von Nick Waterhouse, der mit „Hands On The Clock“ einen Song von seinem neuesten Album „Holly“ beisteuert, genauso wie Schmuse-Soul von Amos Lee, der mit seinem Song „Flower“ vertreten ist. Doch auch Hiphop oder House sind zu finden. Letzterer Musikstil mit dem coolen Track „Hanging Gardens“ von Classixx auf „Sunday In Bed Vol. 7“ verewigt. Glanzpunkt und weiterer Anspieltipp: Das düstere, perkussiv-treibende „Smouldering Ashes“ von Sängerin Malia und Boris Blank, zweiter Mann der Schweizer Band Yello. Zum Abschluss senden die 1980er ein paar nette Grüße: Frankie Goes To Hollywood setzen mit der tropisch-relaxten, aus heutiger Sicht fast ein wenig trashig anmutenden Ballade „San José  (The Way)“ den gekonnten, weil stimmigen, Schlusspunkt. Einziger Wermutstropfen: Irgendwer muss den Rechner oder CD-Player anschalten. Und das funktioniert – zumindest bei mir – nicht ohne Aufstehen. Aber auch in wachem Zustand bleibt die Compilation das was sie ist: Eine schöne Zusammenstellung.

Charmante Albumpräsentation: Hannah Köpf und Band gastieren in Wiesbaden

HANNAKÖPF_20140919_S_08Preisfrage: Was haben das Wiesbadener Walhalla-Theater, eine Ukulele und ein Lamm gemeinsam, das mit der Krone weggelaufen ist? Klar – es muss sich um ein Konzert von Hannah Köpf handeln! Doch von Anfang an…

Hannah Köpfs drittes Album „Lonely Dancer“ ist eine Wucht. Meinen Bericht dazu findet Ihr unter https://rustypictures.wordpress.com/2014/08/15/sing-another-song-hannah-kopf-prasentiert-drittes-album/. Nun ist die Kölner Künstlerin mit ihrer Band auf Deutschland-Tour – und machte dabei auch in der hessischen Landeshauptstadt Station.

HANNAKÖPF_20140919_S_01Mit ihren vier Mitstreitern präsentiert Hannah Köpf ein grandioses Potpourri aus den Songs ihres neuen Albums, hat aber auch Songs ihrer vorherigen Longplayer „Stories Untold“ und „Flying Free“ und – man höre und staune – von der hierzulande weitgehend unbekannten amerikanischen Singer-Songwriterin Judee Sill im Gepäck.

HANNAKÖPF_20140919_S_10Schon nach den ersten Takten wird klar: Der Sprung vom Studio auf die Bühne des Walhalla ist mehr als geglückt: Die Vocals sitzen, die Instrumentierung lässt keine Streicher, keine Blechbläsersätze vermissen. Überhaupt: Außer dem Stimmdoppler sind keine Synthesizer oder anderer elektronischer Schnickschnack im Aufgebot. Ob Piano, Kontrabass, Drums, Hannah Köpfs Ukulele und viele Gitarren – alles ist wie aus einem Guss. Die Musiker sind allesamt Multiinstrumentalisten. Besonders Bastian Ruppert wechselt beherzt zwischen Akustik- und E-Gitarre, weiß aber auch an der Posaune zu überzeugen. Gleiches gilt für Tim Dudek an den Drums, der nicht nur als Background-Sänger unterstützt, sondern auch mal zur Gitarre greift – und der das aktuelle Album „Lonely Dancer“ coproduziert hat.

HANNAKÖPF_20140919_S_11Doch zurück zum Konzert. Hannah Köpf präsentiert sich als wahrer Charmebolzen, zieht das Publikum sofort in ihren Bann und weiß zu jedem Song eine Anekdote oder die Entstehungsgeschichte beizusteuern. Ganz gleich ob „Hooked“, der vom Nervpotenzial der allgegenwärtigen Social Networks handelt, oder „The Lonesome Hill“, in dem sie sich wünscht, auch in vielen Jahrzehnten noch eine glückliche und erfüllte Beziehung zu führen, das Programm ist eine absolut gelungene Mischung. Und dann sind da noch die Songs von Judee Sill, die Hannah Köpf immer wieder einstreut. Gospelig. Groovend. Vor Blue-Notes nur so triefend. Gewöhnungsbedürftige Texte zwar, aber musikalisch ganz weit vorne. Und so kommen die Konzertbesucher auch in den Genuss des Lamms mit der Krone – denn die Zeile „But I laughed so hard, I cried, and the lamb ran away with the crown.“ wird bei der zweiten und letzten Zugabe zum hymnischen Kanon, bei dem sich das begeisterte Publikum und die Künstler auf der Bühne großartig ergänzen.

Schade, dass eine solche Künstlerin keine größeren Bühnen und keine größere Aufmerksamkeit bekommt, sie hätte es verdient. Für alle anwesenden Zuhörer aber ein unvergesslicher, intimer Abend! Die weiteren Tourdaten gibt es auf Hannahs Webseite unter http://www.hannahkoepf.com. Hingehen. Unbedingt.

Sing Another Song – Hannah Köpf präsentiert drittes Album

hannahkoepf_rustyIst es Jazz mit Folk? Oder doch Pop mit Singer-Songwriter-Qualitäten? Eigentlich ist es vor allem eines: Egal. Denn die Musik der Künstlerin Hannah Köpf lässt sich ganz sicher nicht in eine Schublade pressen.

Wagen wir trotzdem eine Annäherung. Das musikalische Spektrum des neuen Albums „Lonely Dancer“ reicht von gut gelaunter Entspannung wie beim funkigen, mit Bläserakzenten gespickten Song „Stay Here For A While“ bis hin zu ruhigen Tönen, zu hören im reduziert arrangierten Opener „Sing Another Song“. In Letzterem gibt sich die Musikerin in sich gekehrt, ja fast melancholisch, und beschreibt den Alltagstrott, sich ständig gleichende Tage – und den Umgang mit der Routine. Gefühlvoll. Nachdenklich. Aber trotzdem mit positivem Unterton. Und das funktioniert auch im Englischen, ohne kitschig oder gewollt zu klingen. Keine Frage, hier hat jemand komponiert und arrangiert, der – oder in dem Fall die – ihr Handwerk absolut versteht und mit einer großen Portion Herzblut bei der Sache ist.

Besonders gut gefällt die Vielfalt der musikalischen Elemente in den Songs von Hannah Köpf. Folk hat darin genauso seinen Platz wie swingende Pop-Elemente der 1970er und sanft auf dem Piano gespielte Melodien, die ein wenig an Norah Jones erinnern.

Mit ihrem dritten Album huldigt Hannah Köpf ihren musikalischen Vorbildern wie Joan Baez oder der großartigen Joni Mitchell – ihre eigene Handschrift ist jedoch in jeder Note, jedem Ton und jeder Komposition unmissverständlich spürbar. Fazit: Kaufen. Hören. Und vielleicht sogar aufs Konzert gehen? Hannah Köpf geht auf Deutschland-Tour und macht neben ihre Kölner Heimat (07. Oktober 2014) auch in Luxemburg (16. November 2014) auch in zahlreichen anderen Städten Station. Das neue Album ist ab Mitte September erhältlich. Mehr Infos unter www.hannahkoepf.com

Die Welt auf einer Scheibe

gh2_rustypicturesKeine fünf Monate ist es her, dass mit „Global Hits Vol. 1“ eine kunterbunte Mischung mit Gute-Laune-Musik aus aller Herren Länder in den Handel kam. Offenbar fand die Zusammenstellung den Gefallen des geneigten Publikums. Denn nun schickt sich schon der zweite Teil an, den ausklingenden Sommer zu versüßen.

Wieder im Galopp durch die unterschiedlichsten Stil- und Musikrichtungen, wieder mit viel Gute Laune Potenzial. Und wieder zusammengestellt von Gülbahar Kültür, die als international erfahrene Musikjournalistin schon bei der ersten Zusammenstellung von „Global Hits“ ein gutes Händchen für die richtige Mischung bewiesen hat.

Reggae aus Neuseeland? Funk und Ska aus Ghana? Oder doch lieber groovender Elektro-Swing aus Österreich? Gegenfrage: Warum denn nicht gleich alles auf einmal? Denn genau das macht den Reiz aus – es ist nicht die gefühlvolle Ballade „1000 Miles“ von Lindiwe Suttle, die als erster Song die Compilation eröffnet und auch nicht die die freakige Gipsy-Folk Nummer „Juanita Guerolita“ von . Das Geheimnis liegt in der Mischung selbst, im für deutsche Radiohörer eher Unbekannten. Und so unterschiedlich die Songs auch sein mögen, so meilenweit sie auch in ihren Stilen auseinander liegen mögen – so gut passen Sie in diese Compilation. Ist es nicht schön, einmal über den Tellerrand zu hören? Hier ist die – zweite – Chance dazu!